Samstag, 26. Februar 2011

Eine ganz, ganz große Liebe...

...ist die zwischen Wilhelm und Lisbeth.

Heute gibt es mal keine Handarbeiten, sondern eine wunderschöne Love Story :-)

Vor einiger Zeit habe ich bei ebay 'rumgeguckt und geriet über eine alte Postkarte aus Paris in eine Kategorie mit alten Briefen. Und eh ich mich versah… hatte ich insgesamt etwa 70 alte Liebesbriefe ersteigert!!
Sie sind größtenteils aus der Zeit von 1887 bis 1888. Es ist ein Briefwechsel von Wilhelm Sickel in Zerbst und seiner Verlobten Lisbeth (eigentlich Elisabeth) Kalkoff in Zschopau/Sachsen. Und diese Liebesbekundungen sind soooo schön!!!!

Wilhelm ist kein Unbekannter, man kann ihn googeln. Er war damals 41, Gymnasiallehrer mit Doktortitel an einer Klosterschule, später hat er offenbar ein paar Bücher (z.B. dies hier) verfasst und wurde Professor. Seine Verlobte und spätere Frau war 20, dann 21. Ein ziemlicher Altersunterschied und man könnte denken, die Hochzeit war von ihren Eltern arrangiert. Aber diese Briefe sagen mehr als 1000 Worte!! Die beiden haben sich so sehr geliebt!

Seine Schrift kann ich gut lesen, ihre nicht sehr gut. Beide schreiben in Kurrentschrift, dem Vorläufer von Sütterlin. Hab ich im Studium mal gelernt, aber, naja, ich kann nicht mal die Schrift meiner Kollegin richtig lesen….  ;-) Von Wilhelm sind wesentlich mehr Briefe vorhanden als von Lisbeth. Sie stecken in kleinen Umschlägen, noch mit Briefmarken versehen, auf vergilbten Papier, teilweise mit gepressten Blumen und einmal mit der Hochzeitsanzeige. Im Juni oder Juli 1887 haben sie sich wohl kennengelernt, an Ostern 1888 haben sie geheiratet. Happy End!!!!

Er schrieb z.B.:
Meine liebe, teure, einzige Herzens-Lisbeth!
Nun sind sie vorüber, die schönen wonnigen Stunden, mein herzlieber Schatz, in denen wir wieder einmal nach langer Trennung uns hatten, nach Herzenslust nur herzen und küssen durften und so glücklich waren. Nun beginnt das ungestillte Sehnen wieder und das Hoffen auf zukünftige glückliche Tage. Doch wird uns das selige Bewusstsein unserer herzlichen, innigen Liebe auch über die Zeit dieser neuen Trennung hinweghelfen. Ich küsse Dich in Gedanken tausend Mal, Du wonniger, lieber, einziger Schatz!...

Ich bin so hingerissen von diesen Briefen, dass ich Euch das schreiben musste!

Hier ein Brief von Wilhelm, Seite 4 und 1 (Klappkarte):


Sie schreibt:
Mein theurer Herzens-Wilhelm!
Dein heutiger Brief machte mich wieder so glücklich und selig! Ich kann Dir, Herzel, gar nicht genug danken für Deine große Liebe und es wird stets mein innigstes Bestreben sein, sie Dir nach Kräften zu vergelten, Du lieber, guter Schatz!...

Sie schreiben in diesem einen Jahr, das nur von wenigen Treffen unterbrochen wird, auch viel über die Freunde, Eltern, Verwandschaft, später sprechen sie darüber, welche Möbel sie für die neue Wohnung bestellen… Und immer wieder diese Zärtlichkeiten!! Ein bisschen habe ich sogar ein schlechtes Gewissen, dass ich solch intime fremde Briefe lese.
Dann wiederum denke ich, dass diese Briefe zu schön sind, um sie in Vergessenheit geraten zu lassen. Dass man die Erben ausfindig machen müsste, dass man über den Verlag einen Kontakt herstellen sollte… und dass man diese Briefe veröffentlichen sollte. (Ich bräuchte dazu allerdings jemanden, der Kurrent besser beherrscht als ich…)

Ich könnte in diesen Briefen versinken!!!! *schmacht*

...und hier Seite 2 und 3 aus Wilhelms Brief:


Ein kleiner Teil der Briefe ist aus der Zeit um 1912-1918. Hier schrieben sich die Eheleute während einer beruflichen Trennung. Und die Briefe sind noch immer so voller Liebe!!!! Sie haben drei Kinder, von einer Tochter namens Elisabeth sind auch 2 oder 3 Briefe dabei, an und von ihrem Freund. (Der ist aber ein großkotziger Idiot.)

Wilhelm schreibt 1918 an seine Frau Elisabeth, 30 Jahre nach der Hochzeit:
Dir, mein lieber Herzensschatz, wünsche ich, dass Du alle die Strapazen und […] bald überwunden hast. Wie schön wird es sein und wie freue ich mich drauf, dass wir erst wieder beieinander sind… In herzlicher Liebe mit Kuß, Dein Wilhelm

Hach *seufz* Sowas, solch eine Liebe, wünschen wir uns doch alle. Oder?
Ich selber habe meine große Liebe ja gefunden und lasse sie auch nicht mehr los, aber diese Geschichte erzähle ich Euch ein andermal... :-)

(Die heutigen "HDGGDL"-SMS werden in 120 Jahren jedenfalls keinen mehr zu Tränen rühren)

Viele nostalgische Grüße,
Anke

2 Kommentare:

Marie hat gesagt…

Hallo :)
Ich hab dich ja schon bei "weddix.de" angeschrieben, und kann es nur nochmal sagen, dass es einfach zu schön ist. Der Stil, die Schrift, die Liebe... alles einfach hach.

Ich bin deiner Meinung, dass man solche Werke nicht vergessen darf. Du kannst dich gerne bei mir melden, hab auch einen Blog. Würde mich jedenfalls darüber freuen :)

Liebe Grüße :)

Mo318 hat gesagt…

Hallo!
Keine Ahnung, ob du das noch liest, aber ich musste dir einfach schreiben. Mir ging es vor kurzem ganz ähnlich wie dir. Ich habe auf ebay einen Liebesbrief aus dem Jahr 1837 von Alois an seine Vielgeliebteste Theresia ersteigert. Diese wunderschöne Schrift und tollen Formulierungen! Leider ist es nur einer, aber der lässt mich nicht mehr los. Ich wüsste zu gerne, ob Alois und Theresia zusammen gekommen sind und ob es noch weitere solche Briefe gibt. Falls du das Interesse an solchen Briefen noch nicht verloren hast, würde ich die eine Kopie zukommen lassen.
Liebe Grüße
Mo